Giersch – Segen und Fluch

Girsch Blüten mit Insekten © gubernat - shutterstock.com

Der Giersch (lat. Aegopodium podagraria) gehört zur Pflanzenfamilie der Doldenblütler. Aegopodium hat im Griechischen die Bedeutung Ziegenfuß, da die Blätter an das Aussehen eines Ziegenhufes erinnern. In der Gattung Aegopodium ist es zwar die einzige Pflanze, die in Europa wächst, dies jedoch mit so phänomenalem Erfolg, dass dies schon so manchen Gärtner zur Verzweiflung gebracht hat. Denn hat sich dieses vermeintliche Unkraut erst einmal im Garten breit gemacht, so ist es schier unmöglich, es wieder loszuwerden. Wir sollten uns deshalb schon möglichst bald von unserer Abneigung gegen das gefürchtete Ziegenkraut verabschieden und die Pflanze stattdessen als Wildgemüse zur Bereicherung unseres Speiseplans schätzen lernen und in unserem Wissensschatz unter Heilkräuter abspeichern. Auch Schnecken schätzen die Blätter sehr. Sie verschonen dafür sogar Blattsalat.

Beschreibung der Pflanze

Das Wurzelwerk des Aegopodium besteht aus einem Rhizom, das weitläufige Triebe ausbildet, die beim Jäten brechen wie Glas. Aus jedem Stückchen Wurzel, das in der Erde verbleibt wächst eine neue Pflanze. Die Wachstumsenergie ist beeindruckend. Eine einzige Pflanze kann im Jahr bis zu 3 qm Raum für sich einnehmen. Die 3 spielt auch bei der Beschreibung der oberirdischen Pflanzenteile eine wichtige Rolle: Der Stängel ist 3-kantig, die Gierschblätter sind 3-geteilt mit gesägten Rändern. Die Blätter, die bis zu 20 cm lang werden können, sind einfach oder doppelt 3-teilig am Stängel angebracht. Die Pflanze duftet nach Möhre und Petersilie (diese sind als Doldenblütler Verwandte von ihm). In der Blütezeit, von Mai bis Juli, bilden sich weiße, doldenförmige Blütenstände aus, die bis zu 80 cm in die Höhe ragen können.

Vorkommen

Wenn Sie einen Garten neu übernehmen oder in Ihrem alten Refugium unseren Wiesenholler vorfinden, fühlen Sie sich nicht von irgendwem bestraft. Das Gewächs kommt so massenhaft überall in Europa vor, dass Sie ganz bestimmt nicht für etwas Büßen müssen. Auch Teile Nordamerikas hat er inzwischen erfolgreich erobert. Am Liebsten lässt er sich als Untermieter inmitten menschlicher Siedlungen nieder. Kein Park, kein Wäldchen und eben auch kein Garten ist vor ihm sicher. Meistens wird er bei Pflanzentauschbörsen oder ähnlichen Aktionen, z. B. gut versteckt im Wurzelwerk von Stauden weiter gereicht. Er liebt nährstoffreichen, schweren Boden und fühlt sich an feuchten, schattigen Plätzen sehr wohl.

Verwendung

Als Heilpflanze

Der zweite Teil des lateinischen Namens = podagraria weist schon auf die bekannteste Anwendungsmöglichkeit als Heilkraut hin: Podagra ist die lateinische Bezeichnung für Gicht. So kommt die Pflanze in der Volksmedizin seit Jahrhunderten in Form von Tee und Umschlägen gegen Gicht und Rheuma zum Einsatz, obwohl sich bei neueren Untersuchungen kein Beweis für wirksame Bestandteile finden lässt. Die Gierschblätter enthalten viel Vitamin C und viele Mineralstoffe, vor allem Kalium. Sie sind daher bestens als Bestandteil für eine Frühjahrskur geeignet, die die Entschlackung und Entgiftung fördert.

Als Wildgemüse

Die jungen Blätter können, genau wie Löwenzahn, als Zutat für einen frischen Salat verwendet werden. Am Besten schmecken die ganz jungen, noch glänzenden Blätter, die sich gerade erst entrollt haben. Der Geschmack erinnert an glatte Petersilie. Alte Blätter schmecken bitter und die Stängel sind zäh. Als Wildspinat, kurz blanchiert, finden die Blätter als Gemüsebeilage Verwendung wie auch als Beigabe für ein grünes Smoothie, für eine herbe Limonade oder einen Kräuterquark. Die Blätter, die vom frühen Frühjahr bis in den Herbst hinein unermüdlich nachwachsen, können stets bedarfsgerecht frisch geerntet werden.

Als Dünger

Ebenso wie man zwar die Brennessel gemeinhin nicht sehr schätzt, die aus ihr gewonnene Jauche jedoch auf vielfältige Art im Garten einsetzt, kann man auch aus den oberirdischen Pflanzenteilen des Giersch einen hervorragenden Dünger herstellen. Da er zumeist in fetten Böden wächst, ist auch die Pflanze selbst sehr nährstoffhaltig. Alles was an Gierschblättern anfällt, wird gesammelt, anschließend klein geschnitten oder gehäckselt und eine Nacht mit Regenwasser angesetzt. Das Sudwasser wird durch ein Sieb gegossen und anschließend zum Düngen von z. B. Balkonblumen oder Starkzehrern, wie Kohl und Tomaten, verwendet.

Eindämmung

Bei anderen Pflanzen beschreibt man an dieser Stelle die Vermehrung. Für den Giersch gilt das nicht. Er vermehrt sich so rasend schnell, dass wir stattdessen ein paar Tipps geben wollen, damit nicht andere Pflanzen in seiner Umgebung allzu sehr unter ihm leiden. Wie wir bereits einsehen mussten, stellen Jäten und Umgraben keine Lösungen dar. Im Gegenteil, es fördert nur das Wachstum. Wenn Sie ganz am Anfang ihrer Giersch-Bekanntschaft stehen, d. h. wenn Sie wirklich nur ein einziges Pflänzchen an einer Staude oder am Zaun zu Nachbars Garten erspähen, dann lohnt sich der Versuch jedoch schon, einmal akribisch die Erde weiträumig aufzunehmen und jedes noch so kleine Wurzelstück des Giersch auszusortieren. Die Erde eventuell über die Biotonne entsorgen, aber nicht auf den Kompost geben. In Staudenbeeten und unter Sträuchern kann eine dicke Mulchschicht aus gehäckseltem Holz oder Rinde so hoch wie möglich aufgebracht werden. Die in die Mulchschicht wachsenden Wurzeln des Giersch lassen sich durch diese Maßnahme leichter ausrupfen, wenn auch nicht gänzlich ausrotten. Hat Aegopodium unter Funkien, Frauenmantel, oder Pfingstrosen etc. schon sein Terrain erobert, so halten Sie ihn wenigsten immer recht kurz. Wenn im Frühsommer die weißen Blütendolden unseres Ziegenkrautes dennoch leuchten, können Sie auch diese noch als Füllmaterial für einen bunten Gartenblumenstrauss nutzen.

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